Julia Landau. Russland und die Deutschen - oder die Deutschen und Russland - Oder: meine Mission. (...Lehnen Sie sich zurück und denken Sie an endlose, weite Birkenwälder oder Plattenbausiedlungen. Für die Männer: Stellen Sie sich rosamündige Frauen mit Plastiktüten vor. Für die Frauen: Stellen Sie sich kahlköpfige Bulldoggen in Lederjacken vor. Setzen Sie eine grosse Brille auf, die das ganze Gesicht bedeckt. Unterhalten Sie sich über Schopenhauer. Seien Sie ganz Sie selbst...)

 

Kirill Cherbitski. Gerade indem er verrückt wird, integriert sich ein Ausländer in die europäische Kultur. (Der Ausländer beginnt mit einem Versprecher, und in seinem "ein Kaffee und eine Brötchen" eröffnen sich Abgründe. Der Ausländer ist ein unwillkürlicher Modernist, ein Irrtum und Fehltritt in der Kette des Vernünftigen...)

 

Julia Landau. Radiofimmel. (Bin ich da hingegangen, um mir immer wieder neue Adrenalinstösse zu holen, mein persönliches, kostenloses Speed-Ecstasy-Crack-Heroin- Substitut ?..)

 

Olga Sidor. Wieviel Akzent erträgt das Radio? (...es für die Deutschen ziemlich anstrengend ist, bei PALICIK gleich zu kapieren, daß es um POLITIK geht, bei GARISANTALE um HORIZONTALE, bei AKTOBER um OKTOBER, bei MIKRAFON um MIKROFON, bei APPASITION um OPPOSITION bei PRACEST um PROTEST und so weiter. Nicht mal KAMMUNISMUS und REVALUCION blieben davon verschont, und nach meiner Beobachtung gibt es in dem für uns relevanten Wortschatz ein einziges wirklich internationales Wort, und zwar ANARCHISMUS...)

 

 

Swetlana Boltowskaya. Kurzgeschichten. (Nur der Nigerianer Tony von der afrikanischen Redaktion riss die Tür weit auf und sagte: "Welcome to Germany!" )

 

Bonifazij. Ausgewählte Gedichte. ("25% meiner Gedichte wird man in andere Sprachen übersetzen. Über die anderen wird erklärt werden, daß sie unübersetzbar sind. Gerade dann beginnt die Menschheit allmälig zum Russischen zu übergehen...")

 

 

Riad Othman. Grenzfall. („Meine Selbstsicherheit schwand zusehends dahin. Was sollte ich tun? Dann fielen mir aber unzählige alte Krimis und Agentenfilme ein in denen der Oberbösewicht auf die Frage seines Laufburschen hin, was denn aus der Sache werden solle, wenn dieser oder jener sich nicht bestechen lassen sollte, doch stets siegesgewiss eröffnet hatte: “Es wird funktionieren! Jeder Mensch ist käuflich, es kommt nur auf den Preis an...“)

 

Olga Sidor.

Die Pennerin und die Ukraine. ("Woher hast Du gesagt, sind die Zigaretten?” -- fragte sie auf einmal. – “Aus der Ukraine.” –  “Wo ist das?” ... – “Wissen Sie”, begann ich bereitwillig, “es gab früher die Sowjetunion, und sie hatte 15 Republiken und nach ihrer Zerfall...” “ Wie? Sowjetunion? Was ist das?” Na ja, das war mir auch nicht neu, man nennt halt oft das Land, in dem ich geboren wurde, irrtümlicherweise Rußland ... : “Na, wissen Sie, Rußland, man nannte es auch einfach Rußland.” “Rußland? Was ist das? Ist das ein Land?..”)

 

Wie ich zum ersten mal verstanden habe, daß wir Zuhörer haben. (...“Lege unser Lieblingslied auf” – bat ich. Na ja, zugegeben, Lieblingslied war vielleicht übertrieben. “Hilf mir abzutreiben” -- sang da eine geschlechtsneutrale Stimme zu einer wehmütiger Walzermusik...)

 

Wie ich einmal live dolmetschte. (...Da ging mir durch den Kopf, dass der Alte sich vielleicht darüber freut, so interpretierte ich diesmal: “Für mich, als Professor, ist es sehr erfreulich und bereichernd, dass ich junge Leute aus allen Kontinenten unterrichten kann...)

 

Wie ich ein Interview machen wollte. (Kleine Mädchen verlieben sich in Popstars. Mädchen im fortgeschrittenen Alter, solche wie ich, verlieben sich gelegentlich in Dichter. So hat es mich auch mal vor kurzem getroffen, bei einer Lesung. Den Namen dieses Dichters werde ich hier lieber nicht nennen. Ich kann nur offenbaren, daß er Mitte dreißig ist, gut aussieht, noch besser spricht, heute nicht hier anwesend ist und auf der Dichterskala ganz wo anders steht, als die hier anwesenden großen deutschsprachigen Dichter...)

 

 

Olga Lukoschkina. Sieben Kreise des Konsulates. ("Ich ging, aber sagte ihm, was ich von ihm halte: ”Bei Ihnen sind nicht europäische, sondern faschistische Methoden”. Das hat ihn verletzt. Er lief zur Wache und schrie: ”Diese Frau nicht reinlassen. Ich lasse nicht zu, dass sie Ihre Unterlagen abholt.”")

 

Wolodymyr Pawliw. Visaregime. ("Als eine meine Bekannte versucht hat, in der ähnlichen Situation sich über die Menschenrechte zu äußern, hat der Botschafter eines hochkulturellen europäischen Landes sie einfach hinausgeworfen. So hat sie verstanden, dass europäische Werte nur ”für die weißen Menschen” sind.")

 

 

 

       

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